Ideenzug: Deutsche Bahn entwickelt Konzept für Nahverkehr der Zukunft

Im Ideenzug entwickelt die Deutsche Bahn neue Konzepte für den Nahverkehr der Zukunft. Mit Fitnessabteilen, Massagestühlen, Arbeitsbereichen, Liveübertragungen von Sportevents und Schlafkabinen möchte sie gegen autonome Autos bestehen und mehr Pendler für die Bahn begeistern. Einen Überblick über den Ideenzug findest du in diesem Beitrag.

Einsteigen bitte: Willkommen im Ideenzug der Deutschen Bahn.

Südostbayernbahn zeigt Ideen für den Zug der Zukunft

In Nürnberg hat die Deutsche Bahn ein Konzept für den Nahverkehrszug der Zukunft vorgestellt: den Ideenzug. Im Modell eines Doppelstockwagens zeigen ganz unterschiedliche Module, wie sich die Bahn in Zukunft verändern könnte. Statt nur klassicher Sitzreihen gibt es darin etwa auch eigene kleine Kabinen, bequeme Massagestühle, einen Public-Viewing-Bereich mit Live-Sport oder sogar ein Fitnessstudio.

„Ich bin total aufgeregt“, sagt Christoph Kraller von der Südostbayernbahn vor der Enthüllung des Ideenzugs. Die kleine Regionalbahn zwischen Passau, Rosenheim, Mühldorf, Landshut und Salzburg hat das Konzept maßgeblich mit auf den Weg gebracht. Der Ideenzug wurde außerdem zusammen mit dem d.lab der Deutschen Bahn sowie insgesamt 30 Partnern entwickelt.

Fahrgäste sollen die Zeit im Ideenzug während der Fahrt jederzeit sinnvoll nutzen können – sei es zum Arbeiten, Relaxen oder Sport treiben. Reisezeit wird zur Nutzzeit, heißt es bei der Deutschen Bahn. Sie verfolgt damit das Ziel, in Zukunft noch mehr Menschen für die Züge zu begeistern. Kraller denkt zum Beispiel an Unternehmen, die ihren Mitarbeiter so noch öfter die Reise mit der Bahn ermöglichen. Aus diesem Grund wurden die einzelnen Module auch in enger Zusammenarbeit mit Pendlern entworfen.

Dabei ist schon heute klar, dass später nicht alle Ideen in den Zügen tatsächlich realisiert werden. Vielmehr soll der Ideenzug erst einmal zeigen, was alles möglich ist – ganz ohne irgendwelche Scheuklappen oder Bedenken. Zudem müssen die Konzepte nicht unbedingt nur im Nahverkehr zum Einsatz kommen. So gibt es im Ideenzug zum Beispiel spezielle schallschluckende Decken, die sich auch ausgezeichnet für Großraumwagen im Fernverkehr eignen.

Ideenzug ist die Antwort auf das autonome Auto von Morgen

Der Ideenzug soll dabei den geänderten Bedürfnissen der Menschen nach mehr Individualität gerecht werden. Schon heute möchten viele Fahrgäste ihre Reisezeit möglichst in sich gekehrt und allein verbringen, um zum Beispiel Filme zu schauen, zu entspannen oder auch zu arbeiten. Die präsentierten Konzepte und Module sind aber keinesfalls als eine Alternative zu mehr Pünktlichkeit, Platz und Komfort zu verstehen, sondern lediglich eine Ergänzung des bestehenden Angebots.

Zur Ausstattung im Ideenzug gehören auch bequeme Massagesessel.

Somit ist der Ideenzug auch die Antwort der Bahn auf das Auto von Morgen, das vollständig autonom fahren wird. Und diese Zukunft ist nicht allzuweit weg: In den USA verzichtet der Taxiservice Waymo bei seinen selbst fahrenden Autos inzwischen schon auf den sonst obligatorischen Fahrzeugbegleiter auf dem Fahrersitz. Es dürfte also nur eine Frage der Zeit sein, bis Massagestühle und kleine Büros auch in autonomen Autos verbaut werden.

„Die Automobilbranche ist gerade dabei, die Vorteile des Individualverkehrs und des Massenverkehrs miteinander zu kombinieren. Für die Eisenbahn ist das eine riesige Herausforderung“, sagt deshalb Johann Niggl von der Bayerischen Eisenbahngesellschaft (BEG), die das Projekt „Ideenzug“ ebenfalls unterstützt.

Auch verrückte Ideen werden umgesetzt: Lounge mit Playstation und Fernseher.

Zwar werde er oft gefragt, ob die Bahn nicht andere Probleme habe, als solche verrückten Ideen umzusetzen. Aus seiner Sicht müssten aber gerade die Eisenbahnen auf die immer stärker werdende Individualisierung reagieren, um in Zukunft nicht ins Hintertreffen zu geraten. Hierzu sei es notwendig, ganz neu zu denken, ist Niggl überzeugt. Zudem entwickelten sich die Ideen während der eigentlichen Umsetzung immer weiter.

Im Ideenzug können Pendler ihre Reisezeit sinnvoll nutzen

Um mit den autonomen Autos von Morgen mithalten zu können, sollen Pendler im Ideenzug genau das machen können, was sie gerade wollen. Deshalb stehen Schlafkabinen ebenso zur Verfügung wie ein Fitnesscenter, mehr Fahrradstellplätze oder sogar eine Lounge mit Videospielen.

Die Reisezeit soll so insgesamt besser genutzt werden können. Wer von Mühldorf nach München pendelt, muss nicht erst noch ins Fitnessstudio, sondern kann sein Work-out gleich im Zug erledigen und hat dann so zu Hause mehr Zeit für die Familie. Und wer nach der Arbeit lieber entspannen möchte, bucht einfach eine abgedunkelte Power-Napping-Kabine oder einen der Massagestühle.

In der MyCabin im Ideenzug lässt sich ungestört arbeiten oder entspannen.

In der sogenannten MyCabin können Reisende außerdem ganz ungestört und für sich sein. Das kleine Abteil ist abschließbar, darin stehen ein bequemer Sessel und ein Monitor. Auf Wunsch lässt sich die Scheibe auch milchig schalten, um Blicke von Außen abzuhalten. Die MyCabin im Ideenzug eignet sich somit ideal, um während der Bahnfahrt zu arbeiten oder vertrauliche Gespräche am Telefon zu führen. Durchschnittlich 10 Euro möchten Pendler für einen solchen Service zusätzlich bezahlen, haben Umfragen ergeben.

Daneben bietet der Ideenzug aber auch mehr Möglichkeiten für die aktive Freizeitgestaltung. Sportfans können zum Beispiel zusammen mit anderen in einem eigenen Bereich Liveübertragungen auf einem großen Fernseher während der Zugfahrt sehen. In einem kleinen Yogaraum lässt sich meditieren, eine Lounge steht für Unterhaltungen und das Feierabendbier zur Verfügung und im Familienbereich gibt es neben interaktiven Spielen auch eine eigene Kletterwand.

Kühleres Licht sorgt für bessere Konzentration während der Arbeit im Ideenzug der Bahn

Besonderen Wert legte die Deutsche Bahn bei der Gestaltung des Ideenzugs auch auf die kleinen Details. Die Farbtemperatur lässt sich darin wie schon im ICE 4 beliebig regeln. So gibt es in den Arbeitsbereichen zum Beispiel kühleres Licht für eine bessere Konzentration, während in den Feizeitmodulen eine wärme Farbstimmung herrscht.

Im Low-Budget-Bereich gibt es moderne Stehsitze mit rutschfestem Boden.

Die Bodenbeläge sind ebenfalls unterschiedlich ausgestaltet. An den günstigen Stehplätzen ist ein rutschfesterer Belag verlegt als anderswo im Zug. Hier gibt es auch speziell beschichtete Tische, auf denen das Handy nicht einfach herabfallen kann. Die Sitzschalen passen sich außerdem ergonomisch den Fahrtbewegungen an.

Im Restaurantbereich steht ein Snack- und Getränkeautomat bereit. Hier wünschten sich die Pendler außerdem breitere Tische, auf denen sich ebenfalls ein Notebook nutzen lässt. Auf Monitoren können sie darüber hinaus Nachrichten sehen und an einer kleinen Theke auf Wunsch auch arbeiten.

Mehr Digitalisierung im Nahverkehrszug der Zukunft

In Zukunft soll die Bahn außerdem deutlich digitaler werden. Das spiegelt sich auch im Ideenzug wieder. So lassen sich die einzelnen Massage- oder Schlafstühle sowie die meisten anderen Module einfach über eine App aktivieren. Die Fahrgäste können die jeweiligen Leistungen also schon mit dem Smartphone im Voraus buchen. Auch die Bezahlung im Bordrestaurant erfolgt dabei bequem kontaktlos.

Vieles lässt sich mit der Ideenzug App lösen.

Auf Monitoren gibt es darüber hinaus Informationen, die individuell auf die jeweiligen Fahrgäste zugeschnitten sind. Passagiere mit Kindern könnten so direkt zum Familienbereich geleitet werden, während Fahrgäste mit Fahrrädern oder größeren Gepäckstücken zum Beispiel den Weg zu den Gepäckablagen und Fahrradstellplätzen angezeigt bekommen.

Einige der Konzepte dürften aber auch auf Bedenken stoßen. So sind im Ideenzug zum Beispiel Kameras verbaut, die automatisch die Fahrgäste sowie Gepäckstücke und Fahrräder erkennen. Sie sollen dank Gesichtserkennung dabei sogar zwischen Männern, Frauen und Kindern unterscheiden können. Wem diese Information bei einer Bahnfahrt aber tatsächlich nutzt, ist eher fraglich. Hier zeigt sich allerdings auch, dass bei der Umsetzung tatsächlich ganz ohne Scheuklappen gearbeitet wurde.

Im Ideenzug der Südostbayernbahn können Pendler auch Fußball schauen.

Letztlich ist der Ideenzug der Deutschen Bahn erst einmal ein großer Spielplatz, in dem ganz unterschiedliche Konzepte getestet werden können. Ob es im Nahverkehrszug irgendwann einmal aber tatsächlich eine Lounge mit Spielkonsole oder ein Fitnessstudio geben wird, wird die Zukunft zeigen und hängt maßgeblich auch von der weiteren Entwicklung der autonomen Fahrzeuge ab.

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