Elektronische Chipkarte für den Nahverkehr in Deutschland geplant

Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt möchte den Nahverkehr in Deutschland revolutionieren und einfacher machen. Deshalb plant das Ministerium eine elektronische Chipkarte, die herkömmliche Bus- und Bahntickets in vielen Städten überflüssig macht. Einen Überblick über die konkreten Pläne zum E-Ticket und was in anderen Ländern bereits möglich ist, findest du hier.

In Neuseeland ist eine elektronische Chipkarte im Nahverkehr bereits lange üblich.

Chipkarte für den Nahverkehr in Deutschland schon ab 2019

Unterschiedliche Zonen, verwirrende Umsteigebedingungen je nach Ticketart und eine Vielzahl an verschiedenen Verkehrsverbünden: Der Nahverkehr in Deutschland kann ganz schön kompliziert sein. Eine Vereinfachung der Bedingungen scheitert häufig an den gegensätzlichen Meinungen der beteiligten Verkehrsunternehmen und Verbünde.

Nach den Plänen von Verkehrsminister Alexander Dobrindt soll sich das ab 2019 jedoch ändern. Ein Aktionsplan sieht hierzu die Einführung einer elektronischen Chipkarte vor, die von 370 Verkehrsunternehmen in ganz Deutschland anerkannt wird. Gut 75 Prozent der Bevölkerung könnten von diesem E-Ticket dann profitieren.

Dobrindt hofft, dass durch eine solche landesweite Lösung öffentliche Nahverkehrsmittel von noch mehr Menschen genutzt werden. Zudem soll die elektronische Nahverkehrs-Chipkarte in Zukunft auch noch weitere Funktionen erhalten. Denkbar sei etwa die Bezahlung von Mietwägen oder Parkgebühren mit dem E-Ticket, sagte der CSU-Minister.

Elektronische Chipkarte für Bus, Bahn, Tram und andere Verkehrsmittel

Die vorgeschlagene elektronische Chipkarte würde die Nutzung des Nahverkehrs in Deutschland deutlich einfacher machen. Möglich wäre beispielsweise ein sogenanntes Check-in-Check-out-System (CICO), wie es in anderen Ländern bereits üblich ist. Hierbei wird beim Ein- und Aussteigen kurz das E-Ticket gescannt und so automatisch der Fahrpreis berechnet. Umsteigen funktioniert mit CICO ebenfalls problemlos.

Auch für viele ausländische Touristen wäre ein solches digitales Ticket eine deutliche Erleichterung. So müssen bisher beispielsweise in einigen Städten Fahrkarten aus dem Automaten erst entwertet werden, in anderen Städten jedoch nicht. Das führt immer wieder zu Verwirrung und Problemen, wie etwa der Fall einer chinesischen Touristin in München zeigt.

Die elektronische Chipkarte bietet also viele Chancen, den Nahverkehr in Deutschland deutlich einfacher und attraktiver zu machen. Datenschützer sehen solche Pläne hingegen eher kritisch. Sie befürchten, dass mit digitalen Lösungen ein genaues Bewegungsprofil erstellt werden könnte.

Digitale Bus- und Bahntickets auf dem Smartphone

Neben der elektronischen Chipkarte sieht der Aktionsplan von Verkehrsminister Dobrindt ebenfalls den Ausbau von Handy-Tickets vor. Auch sie sollen für möglichst alle Verkehrsverbünde verfügbar sein. Der große Vorteil: Mit dem Smartphone lässt sich jederzeit bequem von unterwegs aus die Weiterfahrt buchen. In Düsseldorf bietet WelectGo sogar kostenlose Bus- und Bahntickets auf dem Handy gegen Werbung.

Das Handy-Ticket der Deutschen Bahn ist ein großer Erfolg.

Mit dem DB Navigator gibt es außerdem schon heute eine App, die viele Verkehrsangebote in Deutschland bündelt. Das Angebot ist ein voller Erfolg: Erst kürzlich gab die Deutsche Bahn bekannt, dass mittlerweile knapp 30000 Handy-Tickets jeden Tag gebucht werden. Im Vergleich zum Vorjahr ist dies eine Steigerung um 60 Prozent. Mit unterschiedlichen Aktionen macht das Unternehmen das Handy-Ticket derzeit noch bekannter.

Neben Bahntickets für Fernverkehrszüge kannst du im DB Navigator inzwischen ebenfalls Ländertickets, das Wochenendticket oder Quer-durchs-Land-Ticket buchen. Und die ersten Verkehrsverbünde sind ebenfalls bereits im DB Navigator integriert: So lassen sich über die Bahn-App beispielsweise Tickets für die S-Bahnen, Busse und Straßenbahnen im VBB in Berlin und Brandenburg oder im MVV in München kaufen.

E-Ticket für Nahverkehr in vielen Ländern schon lange üblich

Eine wie von Verkehrsminister Dobrindt vorgeschlagene digitale Chipkarte für den Nahverkehr in Deutschland ist in anderen Ländern außerdem bereits weit verbreitet. Eines der bekanntesten Beispiele ist sicherlich die Oyster-Card in London. Aber auch viele andere Städte in Großbritannien, Neuseeland oder den USA bieten schon entsprechende Chipkarten mit RFID-Funktion. Und in Australien wird sogar über automatische Gesichtserkennung für die Nutzung des Nahverkehrs nachgedacht.

Ein solches digitales System muss jedoch nicht nur auf kleine Nahverkehrsverbünde beschränkt bleiben: Eine hervorragende landesweite Lösung gibt es beispielsweise in den Niederlanden mit der OV-Chipkaart. Diese basiert auf einem Check-in-Check-out-Modus, sodass du beim Ein- und Aussteigen jeweils kurz die Karte scannen lässt. Der Preis der Fahrt wird anschließend automatisch von der OV-Chipkaart abgebucht.

In Israel lassen sich mit der Rav Kav außerdem Busse, Züge und sogar Sammeltaxis (Sheruts) im ganzen Land nutzen. Noch einen Schritt weiter geht Japan mit seinem digitalen Suica-System: Dort kannst du nicht nur Tickets für deine Fahrt über eine spezielle Chipkarte, das Smartphone oder Apple Watch buchen, sondern auch in vielen Geschäften bezahlen.

Deutsche Bahn bringt Live-Ticket zur Vernetzung von Verkehrsmitteln

Von solchen weitreichenden Vernetzungsangeboten sind wir in Deutschland aber noch ein ganzes Stück weit entfernt. Die Deutsche Bahn möchte das ändern und hat von den Plänen des Verkehrsministeriums unabhängig auf der InnoTrans 2016 bereits das Bahn Live-Ticket angekündigt.

Dieses zeigt dir in Zukunft nicht nur automatisch Fahrplanänderungen an, sondern soll über alle Angebote der Deutschen Bahn hinweg mehr Reisekomfort bieten. So ist beispielsweise eine Verknüpfung mit Flinkster oder Call-a-Bike angedacht. Bahn-Chef Rüdiger Grube geht dabei davon, das Live-Ticket mittelfristig über die nächsten Jahre einzuführen.

Wie dieses E-Ticket der Bahn konkret aussehen wird, steht noch nicht fest. Praktisch wäre jedoch ebenfalls eine Integration in die BahnCard 100. Mit dieser kannst du schon heute fast alle Züge in ganz Deutschland sowie öffentliche Verkehrsmittel in über 120 deutschen Städten nutzen. Die Deutsche Bahn nennt sie deshalb auch die »Mobility BahnCard 100«.

Wenn du damit in Zukunft also ebenfalls Flinkster-Fahrten und andere Verkehrsangebote nutzen könntest, wäre das ein großer Schritt nach vorne. Immerhin: Den dafür notwendigen RFID-Chip enthält die BahnCard 100 bereits.

Was hältst du von einer elektronischen Chipkarte für den Nahverkehr in Deutschland? Ich freue mich auf deinen Kommentar zum E-Ticket.

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