Privatbahnen gegen Staatsbahnen: Kampf um Auskunftssysteme und Tickets

In ganz Europa gehen mittlerweile Privatbahnen gerichtlich gegen die ehemaligen Staatsbahnen vor. Häufig geht es um die Fahrplanauskunft und den Ticketverkauf der Quasi-Monopolisten, die Fahrkarten der neuen Wettbewerber nicht anbieten wollen. Auch in Deutschland: Hier verklagt aktuell Flixtrain die Deutsche Bahn. Mehr dazu liest du in diesem Beitrag.

Der Kampf zwischen Privatbahnen und Staatsbahnen geht weiter – zum Nachteil der Fahrgäste.

Streit um Fahrplanauskunft: Flixtrain verklagt Deutsche Bahn

Die Flixtrain-Mutter FlixMobility hat beim Landgericht Hamburg Klage gegen die DB Vertrieb GmbH der Deutschen Bahn eingereicht, wie das Manager Magazin berichtet. Nach Darstellung des Magazins geht es dabei um falsche Fahrpläne in den Auskunftsmedien der Deutschen Bahn. Zusätzlich wirft der grüne Konkurrent der Bahn vor, seine Züge teilweise bei der Standardsuche nicht aufzulisten und keine Preise zu nennen.

Auch in anderen Ländern in Europa kämpfen aufstrebende Privatbahnen gegen die (ehemaligen) Staatsbahnen. Dazu zählt etwa die österreichische Westbahn, die derzeit über einen Ausbau ihres Angebots in Deutschland nachdenkt. Bereits im Jahr 2012 erreichte sie durch eine Klage gegen die Österreichischen Bundesbahnen vor dem Wiener Kartellgericht, dass ihre Fahrpläne künftig ebenfalls in der Reiseauskunft der ÖBB erscheinen müssen.

Zwar sind die Flixtrain-Züge grundsätzlich in der Fahrplanauskunft der Deutschen Bahn enthalten. Bei der Standardsuche ist allerdings stets die Option „schnelle Verbindungen bevorzugen“ aktiviert. Da etwa der Flixtrain von Stuttgart nach Berlin deutlich länger benötigt als die direkten ICE und sogar solche Verbindungen mit einem Umstieg, tauchen die grünen Züge bei der Suche gar nicht erst auf.

Tatsächlich bevorzugen viele Bahnfahrer aber eine umsteigefreie Verbindung, die genaue Reisezeit selbst ist oftmals nicht ganz so entscheidend. Ein Kompromiss könnte daher sein, dass zumindest umsteigefreie Fernverkehrsverbindungen stets in der Fahrplanauskunft der Deutschen Bahn angezeigt werden, selbst wenn diese langsamer sind als entsprechende Umsteigeverbindungen.

Staatsbahnen sollen Tickets der Privatbahnen verkaufen

Zudem verlangt der grüne Konkurrent nach Angaben des Manager Magazins in seiner Klage, dass die Preise seiner Tickets künftig ebenfalls auf www.bahn.degenannt werden. Aktuell gibt es dort nur den Hinweis, dass Fahrkarten auf der Website von Flixtrain*, telefonisch oder direkt im Zug erhältlich sind.

Der Fall ist nicht neu: In Schweden geht eine Privatbahn ebenfalls diesbezüglich gegen die etablierte Staatsbahn vor. MTR Express hat die schwedische Eisenbahn (SJ) bei der Wettbewerbsbehörde gemeldet, da die SJ die Züge von MTR Express weder in der eigenen Fahrplanauskunft auflistet, noch deren Tickets über ihre eigenen Vertriebskanäle anbietet. MTR Express sieht sich hierdurch diskriminiert, weil die meisten Fahrgäste aufgrund des langjährigen Monopols ihre Tickets instinktiv auf der SJ-Website kauften.

Die Preise der Flixtrain-Züge tauchen in der DB Fahrplanauskunft nicht auf.

Ein weiterer Streitpunkt zwischen Privatbahnen und Staatsbahnen ist außerdem häufig der Ticketpreis. So drohte etwa die Westbahn gleich zum Start ihres eigenen Angebote, die ÖBB zu verklagen, da diese nach Ansicht des privaten Konkurrenten die Fahrkarten auf Grund von Subventionen zu günstig verkauften.

Auch Flixbus hat bezüglich der günstigen Sparpreise der Deutschen Bahn bereits seine Bedenken angemeldet. „Millionenfach ausgegebene Billig-Tickets, die nicht Sitz- sondern Stehplätze auf den wichtigen Strecken betreffen, tun uns weh“, sagte zuletzt Patrick Kurth von Flixbus auf dem DVWG-Jahresverkehrskongress in Erfurt.

Schwedische Bahn verunglimpft privaten Wettbewerber

Der Verband der unabhängigen Bahnunternehmen in Europa ALLRAIL, zu dem etwa die Westbahn, MTR Express und Italo gehören, fordert hinsichtlich des Ticketverkaufs das Eingreifen des europäischen Gesetzgebers. Im Rahmen der geplanten Überarbeitung der Fahrgastrechteverordnung sollte sichergestellt werden, dass Fahrgäste alle Tickets bei jedem Anbieter kaufen können, erklärt ALLRAIL-Geschäftsführer Nick Brooks.

Die schwedische Staatsbahn SJ lehnt solche Forderung ab und schaltet stattdessen auf Attacke – nicht immer mit lauteren Mitteln. So verunglimpfte sie kürzlich die Privatbahn MTR Nordic, die zur MTR Cooperation aus Hongkong gehört, als „chinesischen Staatskonzern“, während es sich bei der SJ um ein „schwedisches Unternehmen“ handle.

Auch in Schweden kämpfen Staatsbahn und Privatbahnen.

Auf seiner Jahreshauptversammlung schürte die Staatsbahn weiter fremdenfeindliche Ressentiments und behauptete, die chinesische Regierung betreibe die MTR-Züge, wie ALLRAIL mitteilt. In einer landesweiten Radiosendung habe ein SJ-Sprecher diese Behauptungen dann noch einmal wiederholt. Hierdurch möchte die schwedische Eisenbahn in der Bevölkerung Stimmung gegen den privaten Wettbewerber machen, meint Brooks.

Fehlende Zusammenarbeit schadet dem System Eisenbahn

Solche Scharmützel zwischen Privatbahnen und Staatsbahnen schaden dem System Eisenbahn allerdings insgesamt. Statt sich gemeinsam gegen Fernbusse, Airlines oder die Autobranche zu positionieren und so mehr Fahrgäste zu gewinnen, versuchen beide Parteien oftmals lieber, sich gegenseitig möglichst viele Steine in den Weg zu legen.

So kam es zuletzt in Österreich zu einem monatelangen Streit zwischen den ÖBB und dem privaten Anbieter Regiojet über den Standort eines Verkaufsstandes am Wiener Hauptbahnhof. Regiojet betreibt seit Ende des vergangenen Jahres eine neue Verbindung zwischen Wien und Prag.

Zwischen den Staatsbahnen funktioniert die Zusammenarbeit hingegen inzwischen deutlich reibungsloser. Die Deutsche Bahn verkauft zum Beispiel über ihre internationale Buchungsmaschine Fahrkarten für Reisen im Ausland. Tickets für ausländische Privatbahnen sind dort aktuell allerdings nicht zu finden. Und auch beim „Agreement on Journey Continuation“ (AJC), das Kulanzregeln für die Weiterreise bei Verspätungen im Ausland umfasst, haben sich bis auf die Schweizer BLS zunächst nur (ehemalige) Staatsbahnen beteiligt.

Wie siehst du den Kampf zwischen Privatbahnen und Staatsbahnen? Ich freue mich auf deinen Kommentar.

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