Deutsche Bahn: Pünktlichkeit im Jahr 2017 gesteigert

Weichenprobleme, Signalstörungen oder gar Zugausfälle: Die Pünktlichkeit der Deutschen Bahn erhitzt die Gemüter. In diesem Beitrag erfährst du Hintergründe über die maßgeblichen Faktoren und die aktuelle Pünktlichkeitsstatistik für das Jahr 2018.

Die Pünktlichkeit der Bahn ist das Reizthema schlechthin.

Bahn-Pünktlichkeit ist Reizthema Nummer eins

Kaum ein Thema wird so kontrovers und leidenschaftlich diskutiert, wie die Pünktlichkeit der Bahn. Ende Juni meldete etwa das Verbrauchermagazin „Test“ reißerisch, dass in der Zeit vom 19. bis 22. Juni 2017 gerade einmal ein Drittel aller Züge der Deutschen Bahn pünktlich gewesen seien.

Da in diese Zeit aber mehrere Anschläge den Bahnverkehr in weiten Teilen Deutschlands lahmlegten, ist eine Statistik für diese Woche kaum geeignet, die wirkliche Pünktlichkeit der Deutschen Bahn zu ermitteln. Hinzu kamen Auswirkungen durch ein Unwetter in Norddeutschland.

Für viele Pendler ist die Pünktlichkeit dennoch ein Reizthema. Wer täglich vom Wohnort in die Arbeit fährt, ist von Verspätungen und Anschlussverlusten natürlich irgendwann einmal mehr genervt als eine Familie, deren Start in den Urlaub sich um ein paar Minuten verzögert. Trotzdem sind es oftmals eher Gelegenheitsbahnfahrer, die im Zug ihren Unmut über Verspätungen deutlich stärker zum Ausdruck bringen. Die Fahrgastrechte sind dann nur ein kleiner Trost.

Wer jetzt glaubt, dass die Bahn nur in Deutschland als chronisch unpünktlich gilt, sollte einmal mit Menschen in anderen Ländern sprechen. Fast überall auf der Welt wird auf die Bahn im eigenen Land geschimpft, sei es in Frankreich, Japan oder Israel. Selbst in der Schweiz beschweren sich viele Bahnfahrer über die SBB, obwohl die Schweizer Eisenbahn zu den pünktlichsten weltweit zählt.

So berechnet die Bahn die Pünktlichkeit der Züge

Aber wie berechnet die Deutsche Bahn eigentlich die Pünktlichkeit ihrer Züge? Am Anfang steht eine Definition: Pünktlich ist demnach ein Zug, wenn er an einem Bahnhof weniger als sechs Minuten Verspätung hat. Bei 5:59 Minuten Verspätung in Frankfurt wäre ein ICE von München nach Köln also beispielsweise noch pünktlich unterwegs.

Absichtliche Verspätung: An der Central Station in New York gehen die Uhren immer eine Minute vor.

Diese etwas merkwürdig erscheinende Methode zur Pünktlichkeitsmessung geht noch auf die Zeit zurück, als es an den Bahnhöfen keine Uhren mit Sekundenzeiger gab. Erst beim Zeigersprung konntest du dann erkennen, wann die Minute abgelaufen war. Deshalb zählt für die Pünktlichkeit die gesamte fünfte Minute noch heute hinzu. Übrigens: An der New Yorker Central Station gehen die Uhren aus demselben Grund sogar absichtlich eine Minute vor.

Um zu ermitteln, wie pünktlich die Züge in Deutschland unterwegs sind, wird außerdem nicht nur die Verspätung am Zielbahnhof, sondern an allen Unterwegsbahnhöfen gemessen. Hat ein Intercity also beispielsweise an zwei von drei Bahnhöfen eine Verspätung von über sechs Minuten, so erreicht er eine Pünktlichkeitsquote von lediglich 33 Prozent. Dies gilt auch dann, wenn er am Endbahnhof pünktlich ankommt.

Faktoren für die Pünktlichkeit

Die Gründe für die Pünktlichkeit der Züge sind vielfältig. Von Signal- oder Weichenstörungen hat wohl jeder schon einmal in der Bahn gehört. Auch Personenunfälle und Vandalismus sind leider traurige tägliche Realität, die oftmals für massive Verspätungen sorgen.

Teilweise sammeln Züge außerdem schon bei der Hinfahrt einige Verspätungsminuten, sodass die Rückfahrt ebenfalls nicht pünktlich beginnen kann. Und im Sommer können Böschungsbrände den Zugverkehr in Deutschland beeinträchtigen, während es im Winter durch das kalte Wetter zu Problemen kommt.

Schließlich ist natürlich auch die Infrastruktur der Bahn für die Pünktlichkeit der Züge in Deutschland mitverantwortlich. Im Jahr 2016 war beispielsweise eine teilweise Sperrung der Schnellfahrstrecke zwischen Kassel und Hannover notwendig geworden, um dringend notwendige Reparaturen vorzunehmen.

Pünktlichkeitsstatistik im Nah- und Fernverkehr

Die Pünktlichkeit der Bahn schwankt stark zwischen Nah- und Fernverkehr. Während im Nahverkehr regelmäßig über 95 Prozent der rund 780000 Züge pünktlich unterwegs sind, sieht es im Fernverkehr anders aus: Hier ist die Deutsche Bahn bereits froh, wenn sie einen Pünktlichkeitswert von mehr als 80 Prozent erreicht.

Einmal monatlich gibt die Bahn eine Pünktlichkeitsstatistik heraus. Im Jahr 2017 schwankte die Anzahl der pünktlichen Züge im Fernverkehr zwischen 77,2 und 86,4 Prozent. Die Statistik liefert allerdings nur eine Gesamtzahl und lässt sich nicht für einzelne Züge, Bahnlinien oder Regionen auswerten. Echte Problemzüge oder -strecken siehst du so nicht.

Die Pünktlichkeitsstatistik der Deutschen Bahn unterscheidet sich stark zwischen Nah- und Fernverkehr.

Abhilfe schafft die private Seite Zugfinder: Hier kannst du die Verspätungen von vielen Fernverkehrszügen in Deutschland taggenau und individuell abrufen. Dabei siehst du in den Toplisten ebenfalls, welche Züge jeweils die höchste Verspätung hatten und was der Grund hierfür war. Mit einem Pro-Account lassen sich sogar historische Daten abfragen.

Deutsche Bahn: Pünktlichkeit im Jahr 2018 gesunken

Während sich die Pünktlichkeit der Bahn in Deutschland die letzten Jahre zunächst wieder etwas stabilisierte, sank sie im ersten Halbjahr 2018. Insgesamt waren nur noch 77,5 Prozent aller Fernverkehrszüge pünktlich unterwegs. Zum Vergleich: Im Vorjahreszeitraum waren es ordentliche 81,1 Prozent und im ersten Halbjahr 2016 immerhin noch rund 79 Prozent. Schlechter war die Deutsche Bahn zuletzt nur im Jahr 2015.

Das erklärte Ziel ist inzwischen eine Pünktlichkeit im Fernverkehr im Jahresschnitt von über 80 Prozent. Erreicht werden soll dies mit dem Projekt „Zukunft Bahn“, das noch unter dem früheren Bahnchef Rüdiger Grube gestartet wurde. Darunter werden eine Reihe von Einzelmaßnahmen zusammengefasst, die den Bahnbetrieb in Deutschland zuverlässiger, angenehmer und pünktlicher machen sollen.

 ZRB-Übersicht: Pünktlichkeit der Deutschen Bahn im Jahresvergleich
2018 (1. HJ) 2017 2016 2015
Fernverkehr 77,5 % 78,5 % 78,9 % 74,4 %
Nahverkehr 94,5 % 94,4 % 94,8% 94,2 %

Eine dieser Maßnahmen ist die sogenannte verschärfte Zugabfertigung. Dabei werden die Türen bereits rund 20 bis 30 Sekunden vor Erreichen der Abfahrtsminute geschlossen, sodass die ICE, IC und EC pünktlich zum Zeigersprung abfahren können. Hierdurch möchte die Deutsche Bahn ein Aufschaukeln von Verspätungen an wichtigen Knotenpunkten verhindern und die Pünktlichkeit insgesamt steigern. Kritiker bemängeln allerdings, dass Umstiege hierdurch mitunter verhindert werden. Durch verpasste Anschlüsse kommen Bahnfahrer dann sogar später am eigentlichen Ziel an.

Pünktlichkeit der Deutschen Bahn im internationalen Vergleich

Während in Deutschland eine Pünktlichkeitsquote von über 80 Prozent schon als ausgesprochen gut gilt, herrschen etwa in der Schweiz oder Japan ganz andere Vorgaben. Die Eisenbahnen in beiden Ländern zählen zu den pünktlichsten der Welt. Im folgenden Abschnitt erfährst du, wie sich die Deutsche Bahn im internationalen Vergleich schlägt.

Im SBB Reisecockpit siehst du die Pünktlichkeit deiner Züge in der Schweiz.

Übrigens: Es ist eine Legende, dass die Pünktlichkeit erst seit der Bahnreform im Jahr 1994 stark abgenommen hat. Auch die staatliche Bundesbahn in Westdeutschland und die Reichsbahn in Ostdeutschland waren nicht unbedingt pünktlicher. So schaffte die Bundesbahn etwa 1990 im IC/EC-Fernverkehr lediglich eine Pünktlichkeitsquote von 69,2 Prozent. Und bei der Reichsbahn erreichten im Jahr 1988 gerade einmal rund die Hälfte aller Schnellzüge pünktlich ihr Ziel.

Österreich: Pünktlichkeit der ÖBB

In Österreich wird ebenfalls die 5-Minuten-Pünktlichkeit für die Statistik herangezogen. Hier zeigt sich, dass die Züge der Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) meist etwas pünktlicher unterwegs sind als der Fernverkehr in Deutschland. So betrug die Pünktlichkeit im ersten Halbjahr 2017 im Schnitt rund 85 Prozent.

Österreichische Züge sind im Schnitt etwas pünktlicher als deutsche

Bei den eigenen Nachtzügen gibt es jedoch teilweise größere Verspätungen. In der Regel sind diese auf nächtliche Bauarbeiten an der Strecke oder eine verspätete Bereitstellung zurückzuführen. Deutlich pünktlicher sind hingegen die österreichischen Nahverkehrszüge, die Werte von etwa 96 Prozent erreichen.

Schweiz: Pünktlichkeit der SBB

Einen anderen Maßstab an die Pünktlichkeit ihrer Züge legen die Schweizer Bundesbahnen (SBB). Diese betrachten nicht die einzelnen Züge, sondern die Gesamtverbindung der Bahnfahrer. Daher geben die SBB auch eine Statistik zur Kundenpünktlichkeit heraus. Dabei liegt eine Unpünktlichkeit dann vor, wenn der Bahnfahrer das eigentliche Reiseziel mit mehr als drei Minuten Verspätung erreicht.

Trotz dieses im Vergleich zu Deutscher Bahn und ÖBB recht strengen Pünktlichkeitsmaßstab, verkehren die SBB ausgesprochen pünktlich. Im Schnitt kommen weniger als 12 Prozent der Kunden verspätet am Ziel an. Die Anschlusspünktlichkeit liegt außerdem bei 97 Prozent. Diese beschreibt, in wie vielen Fällen der Zugreisende beim Umstieg seinen Anschluss erreicht.

Die SBB sind so stolz auf ihre guten Pünktlichkeitswerte, dass sie sie im Rahmen der SBB Mobility App für jeden Bahnreisenden individuell festhalten. Im sogenannten Reisecockpit werden deine Fahrten automatisch analysiert. Dort siehst du dann nicht nur, wie oft die von dir genutzten Züge in der Schweiz pünktlich waren, sondern beispielsweise auch, wie lange du dich jeweils vor der Fahrt am Bahnhof aufgehalten hast.

Japan: Pünktlichkeit des Shinkansen

Obwohl die Schweizer Bahn für viele Bahnfahrer in Deutschland in Sachen Pünktlichkeit als Vorbild dient, können die SBB auch nicht einmal im Ansatz mit der japanischen Eisenbahn mithalten. Speziell der Hochgeschwindigkeitszug Shinkansen erreicht fast perfekte Pünktlichkeitswerte. So waren beispielsweise im gesamten Jahr 2005 alle Shinkansen zusammen insgesamt weniger als fünf Minuten verspätet. Und 2013 lag die Verspätung im Schnitt bei weniger als 30 Sekunden pro Zug.

Ganz anders sieht es hingegen im japanischen Nahverkehr aus. Gerade in der Metropolregion rund um Tokio ist das Netz chronisch überlastet. Verspätungen von 15 und mehr Minuten sind hier nicht die Ausnahme, sondern oftmals die Regel. Legendär sind auch die offiziellen „Drücker“, die jeden Tag die Pendler in die vollen Züge hineinpressen. Auch deshalb empfinden viele Japaner das Bahnfahren in Europa als deutlich angenehmer.

Welche Erfahrungen hast du mit der Pünktlichkeit der Bahn gemacht? Ich freue mich auf deinen Kommentar.

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