Lasst das Bordrestaurant der Deutschen Bahn in Ruhe!

Diese Tage ist viel über das Bordrestaurant der Deutschen Bahn zu lesen. Das Essen sei entweder nicht vorhanden, schlecht oder zu teuer. Und überhaupt macht die Bahn damit sogar Verlust. Warum der Speisewagen trotzdem nicht sterben darf, liest du hier.

Das Bordrestaurant im ICE 2 der Deutschen Bahn. Foto: Volker Emersleben / Deutsche Bahn AG

Bahn Bordrestaurant: Noch schlimmer als Bahnfahren?

Martin U. Müller ist Redakteur beim Spiegel. Wenn er mal gerade nicht über die Verschlechterungen des Miles&More-Programms für echte Vielflieger schreibt, fährt er auch Bahn – zumindest von Frankfurt nach Hamburg. So ist es in einem neuen Artikel des Nachrichtenmagazins zu lesen, der online hinter einer Paywall versteckt liegt. Darin schildert Müller seine Eindrücke vom Bordrestaurant der Deutschen Bahn. Und die sind nicht sehr positiv.

Zwar war bei seiner Testfahrt das Bordrestaurant fast vollständig ausgelastet, aber trotzdem läge einiges im Argen: Die Technik sei zu störungsanfällig, Produkte oftmals nicht vorhanden und die Kellner müssten noch auf einem Block Bestellungen annehmen. Überhaupt sei der Passagier selbst schuld an den Zuständen im Bordrestaurant der Bahn, da er sich dort oft schlecht benehme und dann auch noch lieber in bar als mit Kreditkarte zahlen wolle.

Von einem „fast täglich gebrochenen Versprechen, ein zuverlässiger Dienstleister zu sein“, schreibt Martin U. Müller deshalb im Hinblick auf den Speisewagen. Die Einkehr im Bordrestaurant sei für ihn sogar noch schlimmer als Bahnfahren selbst. Überhaupt gebe ein Passagier durchschnittlich nur 5,30 Euro dort aus – vor allem für Bier und Eintöpfe. Das sorge für hohe Verluste beim gastronomischen Angebot der Deutschen Bahn. Es sei die vielleicht teuerste Kundenbindungsmaßnahme Deutschlands.

Warum die Bahn am Bordrestaurant festhält

Schon am Freitag war in einer Vorabmeldung des Spiegel zu lesen, dass die Deutsche Bahn mit dem Betrieb ihrer Bordrestaurants „Geld verbrenne“. Im vergangenen Jahr habe der Verlust rund 80 Millionen Euro betragen – mehr als doppelt so viel wie bei den eingestellten CityNightLine-Nachtzügen. Und trotzdem hält die Bahn weiter am Bordrestaurant im ICE und Bordbistro im IC fest.

Die Begründung: Das Bordrestaurant sieht sie in erster Linie als Zusatzservice in den Zügen. Einige Reisende buchten beispielsweise nur deshalb ein Bahnticket, weil es den Speisewagen gibt, sagt die Deutsche Bahn. „Wir sehen das nicht als Bereich, aus dem man dicke Gewinn rausträgt.“ Auch andere Bahnen in Europa sehen das ähnlich. So gibt es beispielsweise in der ersten Klasse der X2000 in Schweden ebenso ein kostenloses Frühstück wie in den günstigen Nightjet-Liegewagen der ÖBB.

Im neuen ICE 3-Bordrestaurant gibt es jetzt 20 Plätze. Foto: Oliver Lang/Deutsche Bahn AG

Deshalb setzt die Deutsche Bahn auch beim neuen ICE 4 weiter auf den Speisewagen. Und selbst beim Redesign der ICE 3 wird das Bordbistro wieder durch ein vollständiges Bordrestaurant mit 20 Sitzplätzen ersetzt. Und das, obwohl die ICE 3 künftig ebenfalls die neue Rennstrecke zwischen München und Berlin bedienen. Viel Zeit zum ausgiebigen Essen bleibt dann nicht mehr.

Die Speisewagen machen Zugreisen angenehmer. Sie stehen außerdem immer ein Stück weit für das jeweilige Land. So wird in Vietnam Pho zum Frühstück, in China Hotpot und im Iran Kebab in allen möglichen Variationen serviert. Und manch einer freut sich über die frisch gekochten Eier in polnischen Zügen.

Die Kosten der Bord-Gastronomie lassen sich nicht aufrechnen

Die Debatte über die Kosten der Speisewagen geht deshalb auch am Thema vorbei: Komfortleistungen in Zügen kosten nun einmal Geld, die oftmals querfinanziert werden. Eine Berechnung, wie viel günstiger der Ticketpreis durch den Wegfall der Bordrestaurants sein könnte, ist deshalb unsinnig. Allein schon, weil überhaupt nicht klar ist, wie viele Reisende nur wegen des Speisewagens auf den Zug als Verkehrsmittel zurückgreifen.

Womöglich zahlen Bordrestaurant-Nutzer sogar überdurchschnittlich oft den teuren Flexpreis der Bahn. Immerhin schreibt Martin U. Müller, dass nach einem entsprechenden Durchsage des Zugchefs sofort etliche Geschäftsreisende ins Bordrestaurant des ICE gingen.

Zudem käme vermutlich niemand auf die absurde Idee, den Ausbau der Toiletten in den Zügen zu fordern, weil die Reinigung zu viel koste. Ein Toilettenentgelt mag es vielleicht irgendwann einmal bei RyanAir geben, aber hoffentlich nie im ICE der Deutschen Bahn.

So könnte die Deutsche Bahn das Bordrestaurant noch besser machen

Trotzdem läuft natürlich nicht alles rund in den Bordrestaurants der Bahn. Dass die Technik häufig ausfällt, dürfte das größte Ärgernis sein – nicht nur für die Passagiere. Auch die fehlende Digitalisierung bei der Warenbestellung kritisiert Martin U. Müller durchaus zu Recht.

Eine rein wirtschaftliche Betrachtung des gastronomischen Service der Deutschen Bahn, wie sie im Spiegel vorgenommen wird, ist dennoch nicht zielführend und unsinnig. Vielmehr sollten die bestehenden Missstände gezielt angegangen werden. Eine Abschaffung des Speisewagens – wie etwa zuletzt in der Türkei – sollte in Deutschland hingegen nicht zur Debatte stehen.

Bei der Bahn in der Türkei steht der Speisewagen auf der Kippe.

Zudem möchte die Deutsche Bahn einige der Probleme demnächst beseitigen: So soll es ab April eine einheitliche Speisekarte für die IC-Bordbistros und ICE-Bordrestaurants geben. Zudem wird der Wareneinkauf dahin gehend verbessert, dass ausgegangene Speisen automatisch nachbestellt und auch unterwegs nachgeladen werden.

Dass McDonald’s künftig wieder den Betrieb der Speisewagen der Bahn übernimmt, dürfte vermutlich ausgeschlossen sein. Die Fastfood-Kette konzentriert sich derweil nämlich eher auf die Belieferung von Gefängnissen.

Was hältst du vom Bordrestaurant der Deutschen Bahn? Isst du gerne im Speisewagen? Ich freue mich auf deinen Kommentar.

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