Bundesregierung will Familiennachtzug weiter verschärfen

Die große Koalition diskutiert mal wieder über das leidige Thema Familiennachtzug. Da die Obergrenze inzwischen regelmäßig erreicht wird, plant sie eine weitere Reduktion der Kontingente. Die Opposition fordert hingegen ein sofortiges Ende der Einschränkungen und warnt vor versteckten Staatshilfen. Mehr zum Streit um den Familiennachtzug erfährst du in diesem Beitrag.

Sehr beliebt: Reisen im Liegewagen eines Familiennachtzugs.

Familiennachtzug: Regierung plant Reduktion der Kontingente

Ob innerhalb Deutschlands oder aus Österreich, Italien oder der Schweiz: Der Familiennachtzug erfreut sich weiterhin großer Beliebtheit. Mittlerweile holen Eltern nicht nur ihre Kinder ins Abteil, sondern sogar Tanten, Onkel, Cousinen, Cousins, Schwippschwager und andere entfernte Angehörige reisen gemeinsam in den bequemen Schlaf- und Liegewagen durch ganz Europa. Erst im Dezember startete außerdem eine neue nächtliche Verbindung von Wien nach Berlin.

Für die deutsche Bundesregierung ein Problem. Sie will deshalb den Familiennachtzug weiter einschränken und die Ticketkontingente reduzieren, erfuhr das Zugreiseblog aus Koalitionskreisen. Ein entsprechendes Gesetz soll noch in diesem Monat vom Kabinett beschlossen und in den Bundestag eingebracht werden. Während die Obergrenze bisher bei 1000 Personen im Monat liegt, sollen künftig nur noch maximal 250 Familienangehörige im Nachtzug reisen dürfen, fordert Innenminister Seehofer.

Die bisherigen Maßnahmen zur Einschränkung des Familiennachtzugs hätten nichts gebracht, heißt es zur Begründung aus dem Innen- und Verkehrsministerium. Trotz des Endes der Gültigkeit von DB-Tickets im ÖBB-Nightjet seien die Abteile weiterhin gut gefüllt. Zudem ginge die bayerische Grenzpolizei zwar seit einigen Monaten verstärkt dazu über, Reisende in den Nachtzügen am frühen Morgen aus dem Bett zu schmeißen und zu kontrollieren. Hiervon ließen sich allerdings deutlich weniger Familien abschrecken als erhofft.

Nachtzug bei Familien sehr beliebt

Im Gegenteil: Die Buchungszahlen in den Schlaf- und Liegewagen sind nach wie vor hoch. Rund um Ostern und zu Pfingsten erwartet Seehofer im Verkehr von und nach Italien die nächsten vollen Züge. Mit Urlaubs-Express und BahnTouristikExpress (BTE) haben sich außerdem weitere Anbieter neben den ÖBB fest etabliert. Selbst bei Flixtrain können Familien mittlerweile einen Platz im Nachtzug buchen.

Mit neuen attraktiven Angeboten sorgen sie für eine stete Nachfrage. So können Familien im Nightjet seit dem Fahrplanwechsel nicht mehr nur ein eigenes Abteil im Schlafwagen, sondern auch Liegewagenabteile für bis zu sechs Personen ab 199 Euro buchen. Einige Nachtzugbetreiber stellen sogar Suiten mit besonders viel Platz zur Verfügung. Diese bestehen meist aus zwei zusammenhängenden Schlafwagenabteilen.

Hinzu kommt: In Internetforen, Bahnblogs und sozialen Netzwerken tauschen sich eingefleischte Nachtzugfans aus und berichten von ihren Erfahrungen. Bedenken über die Reise im Familiennachtzug mit kleinen Kindern werden hier sofort zerstreut. Selbst wenige Wochen alte Babys fahren unproblematisch mit. Einige User fordern gar ausdrücklich zur Fahrt mit der Bahn auf. Es gebe inzwischen eine regelrechte Nachtzugindustrie, schimpft die CSU.

Demonstrationen für Familiennachtzug

Die SPD will Familien zwar grundsätzlich stärken, sieht sich aber durch Artikel 13 des Koalitionsvertrages gebunden. Die Opposition kündigt hingegen Widerstand gegen das geplante Gesetz an. Grüne und Die Linke fordern etwa ein sofortiges Ende der eingeschränkten Kontingente für den Familiennachtzug. Notfalls würden sie im BTE-Nachtzug bis nach Karlsruhe fahren.

Die FDP wiederum glaubt, die Reduzierung der Familientickets diene einzig der Stärkung der Nacht-ICE und warnt vor versteckten Staatshilfen. Seit der Aufgabe der CityNightLine betreibt die Deutsche Bahn keine eigenen Nachtzüge mit Schlaf- und Liegewagen mehr. „Immerhin überlassen sie das Geschäft jetzt Profis“, sagt der FDP-Vorsitzende Christian Lindner.

Und auch sonst ist der Widerstand groß: Tausende Jugendliche gehen zu den wöchentlichen „Freitag ist Familiennachtzug-Tag“-Demos auf die Straße. Die Schule muss hierfür übrigens nicht ausfallen – die Demonstrationen finden ausschließlich zu den typischen Nachtzugankunfts- und -abfahrtszeiten zwischen 6 und 8 Uhr sowie 20 und 23 Uhr statt. Als Vorbild sehen dabei viele die Klimaaktivistin Greta Thurnberg, die regelmäßig mit dem Nachtzug durch Europa reist.

Was hältst du von der geplanten Verschärfung des Familiennachtzugs? Ich freue mich auf deinen Kommentar.

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