Deutsche Bahn misst künftig Reisenden-Pünktlichkeit
Nicht mehr auf die Verspätung einzelner Züge, sondern auf die der Fahrgäste kommt es an: Die Deutsche Bahn möchte künftig auch die Reisenden-Pünktlichkeit messen. Damit wird ermittelt, ob Fahrgäste am Ende der gesamten Reisekette pünktlich an ihrem Zielbahnhof ankommen. Die neue Statistik berücksichtigt dabei erstmals Anschlussverluste und ausgefallene Züge.
Reisenden-Pünktlichkeit als neue Kennzahl bei der Deutschen Bahn
Die Deutsche Bahn plant, im Rahmen einer neuen Reisenden-Pünktlichkeit zu ermitteln, ob der Fahrgast bei seiner genutzten Verbindung rechtzeitig am Ziel ankommt. Damit steht künftig nicht mehr der einzelne Zug, sondern der Bahnfahrer im Mittelpunkt der Pünktlichkeitsstatistik. Pünktlich ist dann jeder Fahrgast, der mit maximal 15 Minuten Verspätung mit der Bahn seinen Endbahnhof erreicht.
Zunächst werden allerdings nur Reisende im Fernverkehr erfasst. Die neue Statistik umfasst somit vorerst nicht Umstiege von Fernverkehrszügen auf Züge des Nahverkehrs. Die sogenannte Reisenden-Pünktlichkeit berücksichtigt durch die neue Erhebungsmethode entlang der gesamten Reisekette allerdings erstmals ausgefallene Züge, verpasste Anschlüsse sowie Fahrplanänderungen.
Bisher wurden ausgefallene ICE und IC hingegen nicht in der Pünktlichkeitsstatistik ausgewiesen. Tatsächlich gestaltet sich die Berücksichtigung jedenfalls von Teilausfällen schwierig, da nicht klar ist, wie diese in eine zugbezogene Statistik einbezogen werden sollen. Noch schwieriger wird es, wenn zwar grundsätzlich ein Ersatzzug verkehrt, es sich dabei aber beispielsweise nicht um einen ICE, sondern nur um eine IC-Garnitur handelt.
Die Berechnung der Reisenden-Pünktlichkeit erfolgt im Gegensatz zur betrieblichen Pünktlichkeit auch durch entsprechende Simulationen und Hochrechnungen. Dazu werden die täglichen Buchungsdaten mit den Pünktlichkeitsdaten der Fernverkehrshalte verknüpft, ausfallende und Ersatzzüge berücksichtigt und für jeden nicht erreichten Anschluss konkrete Alternativverbindungen ermittelt und bewertet.
Deutsche Bahn strebt 80 Prozent Reisenden-Pünktlichkeit an
Als Ziel habe sich die Deutsche Bahn für die Reisenden-Pünktlichkeit einen Wert von 80 Prozent gesetzt, meldet die Bild am Sonntag. Bereits bei der regulären Pünktlichkeitsstatistik für die einzelnen Fernverkehrszüge wollte das Unternehmen diesen stets erreichen. Im Jahr 2018 klappte das allerdings nicht, hier betrug die Pünktlichkeit insgesamt nur rund 75 Prozent. Immerhin ist sie im Februar 2019 wieder auf über 80 Prozent gestiegen.
Dabei wären 80 Prozent Reisenden-Pünktlichkeit durchaus ambitionierter als nur 80 Prozent Zugpünktlichkeit. Wenn nämlich beispielsweise ein ICE weniger als sechs Minuten Verspätung hat, der Fahrgast aber seinen Anschluss verpasst und letztlich eine Stunde später am Ziel ankommt, wird der Zug trotzdem als pünktlich ausgewiesen. In der neuen Reisenden-Pünktlichkeitsstatistik würde dieser Fall hingegen zusätzlich erfasst.
Damit bietet sich ein wesentlich realistischeres Bild von der tatsächlichen Pünktlichkeit der Bahn. Umso erstaunlicher ist es deshalb, dass sich gegen die zusätzliche Statistik viel Protest regt. Dies hat inzwischen sogar dazu geführt, dass die Deutsche Bahn die neue Messmethode zunächst erst noch intensiv öffentlich diskutieren möchte, um Missverständnisse zu vermeiden.
Vorbild Schweiz: SBB messen Kundenpünktlichkeit
So kritisiert etwa der bahnpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Oliver Luksic, die neue Reisenden-Pünktlichkeitsstatistik. Im RedaktionsNetzwerk Deutschland lässt er sich diesbezüglich mit der Aussage „Trotz strengerer Vorgaben in der Schweiz und in Japan sind die Eisenbahnen dort pünktlicher“ zitieren.
Tatsächlich setzen die SBB bereits seit vielen Jahren auf die sogenannte Kundenpünktlichkeit. Diese entspricht im Wesentlichen der geplanten Reisenden-Pünktlichkeit der Deutschen Bahn. Auch hier wird nämlich der prozentuale Anteil aller pünktlichen Reisenden ermittelt, wobei es auf die Ankunft am Zielbahnhof ankommt und Anschlüsse und Ausfälle ebenfalls miteinbezogen werden.
Die SBB erreichen dabei eine Kundenpünktlichkeit von aktuell rund 91 Prozent. Umso beeindruckender ist dieser Wert, wenn man berücksichtigt, dass hier nicht 15 Minuten Verspätung als Maßstab genommen werden, sondern nur zwei Minuten. Für die bessere Vergleichbarkeit der Eisenbahnen in Europa sollte die Deutsche Bahn deshalb diesen strengeren Wert in ihrer neuen Statistik zusätzlich ausweisen.
Reisenden-Pünktlichkeit der Bahn bietet bessere Vergleichsmöglichkeit mit anderen Verkehrsmitteln
In einigen Medien wird außerdem der Eindruck erweckt, die Deutsche Bahn wolle durch die Einführung der Reisenden-Pünktlichkeit ihre Pünktlichkeitsstatistik frisieren. Tatsächlich wird aber daneben auch weiterhin die bisher genutzte Zugpünktlichkeit ermittelt und veröffentlicht. Die neue Statistik ist jedenfalls aus Fahrgastsicht ein Fortschritt, wenn sie stets die konkrete Fahrt samt aller Umstiege berücksichtigt.
Die Reisenden-Pünktlichkeit erlaubt darüber hinaus erstmals einen besseren Vergleich zwischen den einzelnen öffentlichen Verkehrsmitteln. So wird etwa im Flugverkehr bereits heute mit der sogenannten 15-Minuten-Pünktlichkeit gearbeitet. Dabei erreichten beispielsweise nur 69 Prozent aller Lufthansa-Flüge im vergangenen Jahr den Zielflughafen mit weniger als 15 Minuten Verspätung.
ZRB-Übersicht: Reisenden-Pünktlichkeit im Vergleich | ||
Bahn** | Lufthansa | Fernbus*** |
80 Prozent | 69 Prozent | 48 Prozent |
(**) gesetztes Ziel der Deutschen Bahn, (***) 5-Minuten-Pünktlichkeit im Jahr 2015 |
Europas größter Fernbusanbieter Flixbus nennt öffentlich hingegen noch keine genauen Pünktlichkeitswerte. Nach einer Studie des Verkehrsclubs Deutschland (VCD) waren jedenfalls im Jahr 2015 lediglich 48 Prozent aller Fernbusse in Deutschland pünktlich unterwegs. Hierbei wurden als Basis aber Verspätungen von mehr als 5 Minuten genommen. Die großzügigere 15-Minuten-Pünktlichkeit dürfte aber nur unwesentlich höher liegen.
Was hältst du von der neuen Reisenden-Pünktlichkeit der Deutschen Bahn? Ich freue mich auf deinen Kommentar.
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Grundsätzlich ist die Erfassung der Kundenpünktlichkeit eine gute Sache. Solange jedoch die Regionalbahnen nicht erfaßt werden ist das Augenwischerei. Die meisten Reisenden steigen entweder von der Regionalbahn in den Fernverkehrszug oder umgekehrt. Oftmals werden Umsteigezeiten von weniger als 10 Minuten vom Navigator angeboten und das bei Verbindungen, bei denen es regelmäßig zu Verspätungen kommt und die Anschlüsse nicht erreicht werden. Das führt dann zu 1 oder 2 Stunden Wartezeit. Nur gemessen wird es nicht, weil der Anschlußzug eine Regionalbahn ist.
Absolut daneben. Es sind weiterhin die Verspätungen der Bahn, die gemeint sind. Auch wenn ein anderer Begriff verwendet wird, bleibt die Bahn schuldig, wenn es nicht läuft.
Hallo David,
Ich bin häufig auf die Bahn angewiesen und fahre zwischendurch am Wochenende von Frankfurt nach Nrw. In letzter Zeit mit zunehmends Verspätung, wetterbedingt, was mich langsam tierisch stört und nervt, da man sich oben doch bewusst sein sollte, das jederzeit Unwetter auftreten kann. Die Reisenden-Pünktlichkeit ist ein Ansatz wert, aber für mich ist eine Stunde Verspätung am Zielbahnhof, und das mehrfach langsam wirklich nervig. Mit dem Flixbus habe ich auch pro und Kontra Seiten erlebt. Kurze Strecken von Frankfurt nach Köln sind noch total in Ordnung. Bei weiteren Strecken hatte ich alle paar Mal Verspätungen, die mir teilweise sogar in der App noch nicht mal angezeigt werden. Ich bin daher wirklich gespannt, wie die Reisenden Pünktlichkeit weiteroptimiert wird.
Liebevolle Grüße,
die Anh
schöne sache, darum könnte sich die eu mal kümmern, einheitlich in ganz europa, nicht in jedem land unterschiedlich oer gar nicht
Das ist doch wieder eine DB Mogelpackung. Während bei den 5 Minuten Messungen wenigstens alle gefahrenen Züge erfasst wurden – übrigens könnte man ja in diese Statistik die ausgefallenen Züge einrechnen (Das ist Grundrechnen aus der 4. Klasse) überlegt sich die DB Spitze lieber etwas Neues., mit dem sich die realen Probleme noch besser verschleiern lassen. Positives Beispiel die Schweiz: Das Tolle dort ist nicht die Super-Statistik (dazu noch mit einem ehrlichen Grenzwert von 3 Minuten) sondern, dass die Züge tatsächlich pünktlich sind.
Mal ehrlich: eigentlich ist das Ganze doch ein Individuelles Problem und stößt deshalb an die Grenzen der Mathe. Wenn ich von Bremen nach Hamburg fahre, dann nerven mich manchmal 5 Minuten, weil ich die S-Bahn verpasse und deutlich verspätet meinen Termin erreiche. Wenn ich von Norddeutschland nach Rom fahre, bin ich naiv, wenn ich mir Verbindungen auf die Minute heraussuche, das Risiko des Scheiterns (wegen zu große Gläubigkeit an die unrealistischen Auskünfte des DB Navigators) ist hausgemacht. Beispiel DB: Fahrt von Bremen nach Rimini, Umsteigezeit in Hannover Laatzen nach DB Auskunft 7 Minuten und das noch in einer Baustellensitation im DB Netz um Hannover – deshalb Laatzen und nicht Hbf. Wer Rechnerprogramme schreibt, die solche Angebote zulassen, sollte sein EDV-Spielen mal aufgeben und wer solchen Angeboten der DB glaubt bekommt den Naivitätspreis.
Übrigens heute Supersonnenaufgang im ICE auf der Strecke Hamburg – NRW und ich schreibe mit dem Notebook nicht im Bordrestaurant.
Bei der normalen Statistik führen Stürme inzwischen zur Verbesserung der Pünktlichkeitsquote, da nicht fahrende Züge auch keine Verspätung haben.
Im angedachten zusätzlichen Verfahren kommen diese sturmgeschädigten Fahrgäste auch in der Statistik vor.
Allerdings kann man bei dem Verfahren durch Randbedingungen wesentlich mehr manipulieren als beim Sechsminuten-Kriterium und sich das Ergebnis nach dem Motto:
„Glaube keiner Statistik,die Du nicht selbst gefälscht hast“
zurechtbiegen. (s.a. amtliche Arbeitslosenstatistik und Inflationsrate).
Der Schritt ist richtig und notwendig nur leider wird die DB keine Konsequenzen daraus ziehen. Steh grad wieder seit 1h am Bahnhof und warte auf einen der Züge.
Notarzt Einsatz am Gleis- was soll das eigentlich sein? Die Reste braucht man nicht aufkratzen die Priorität sollte mehr auf den Betrieb fokussiert sein. Dem überfahrenen ist doch eh nicht mehr zu helfen und für alles andere kann man das Gleis räumen und gut ist. SEV braucht für 12km 50min. Ist aber immer nur die elende Pfalz-auf der rechten Rheinseite passiert sowas quasi gar nicht. Aber ist ja hier nur eingleisig und ohne Stromkabel.
Endlich führt die Bahn diese Art der Statistik ein. Ich sehe das als Schritt in die richtige Richtung – sobald die Regionalzüge auch erfasst werden, ergeben sich realistische Werte. Die zur Zeit angegebenen 80% Zugpünktlichkeit sind ein Hohn für alle Pendler, die im Alltag das Gegenteil erleben.
Ich hoffe sehr, dass die Einbindung der Regionalzüge nur noch eine Frage der Zeit ist!
Für eine starke Bahn