Nachtzug-Geschäft: Wiedereinstieg der Deutschen Bahn wird konkreter
Die Pläne der Deutschen Bahn für einen Wiedereinstieg in das Geschäft mit Nachtzügen in Deutschland werden konkreter. Jetzt hat auch Verkehrsminister Scheuer dafür grünes Licht gegeben. Eigene Schlaf- und Liegewagen sind aber nicht geplant. Mehr dazu erfährst du in diesem Beitrag.
Deutsche Bahn plant Kooperation für Nachtzüge in Deutschland
Für den Ausstieg der Deutsche Bahn aus dem Betrieb der CityNightLine im Jahr 2016 hagelt es bis heute viel Kritik. Insbesondere die Klimadebatte trägt aktuell stark zu einem positiven Image der Nachtzüge bei. Schon die Einstellung damals war bei der Deutschen Bahn intern durchaus umstritten, wie das Zugreiseblog immer wieder aus Bahnkreisen erfuhr. So habe es für einen Weiterbetrieb starke Befürworter im Konzern gegeben.
Einige machen Ronald Pofalla für das Ende der Nachtzüge hauptverantwortlich. Ausgerechnet beim Klimakongress in Paris verkündete er damals, dass „Nachtzüge total unwirtschaftlich“ seien. Nachdem in Deutschland der „Ausstieg vom Ausstieg“ im Hinblick auf tatsächliche Klima- und Umweltkatastrophen aber eine gewisse Tradition hat, ist es wenig überraschend, dass die Deutsche Bahn den erneuten Einstieg in das Nachtzug-Geschäft vorantreibt.
Die Pläne werden jedenfalls konkreter. Jetzt hat sich auch Verkehrsminister Andreas Scheuer für Nachtzüge der Deutschen Bahn in Deutschland ausgesprochen. „Ich bin prinzipiell offen dafür“, sagte der CSU-Politiker der dpa. Für ihn sei die entscheidende Frage, was Bahnfahren attraktiver mache. So könne man tagsüber arbeiten, während die Fahrt im Nachtzug der Erholung diene.
Gleichzeitig warnte Scheuer allerdings auch vor einem „Schnellschuss“ und erklärte, für einen Wiedereinstieg in das Nachtzug-Geschäft bräuchte die Deutsche Bahn auch die entsprechenden Züge. Tatsächlich hat das Unternehmen inzwischen aber klargestellt, dass man keineswegs eigene Schlaf- und Liegewagen betreiben möchte. Wie auch die SBB soll stattdessen intensiver mit den Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) kooperiert werden.
Déjà-vu: Zusammenarbeit mit ÖBB beim Ticketvertrieb
Ganz konkret können sich beide Bahnen eine Zusammenarbeit beim Ticketverkauf vorstellen, die auch schon ÖBB-Chef Matthä öffentlich anregte. Pikantes Detail dabei: Eine solche Kooperation gab es bereits bei der Übernahme der Nachtzüge durch die ÖBB. Noch bis Mitte 2018 war es problemlos möglich, ein Ticket der Deutschen Bahn für eine Fahrt im Nightjet der ÖBB zu erwerben – und zwar sowohl Sparpreise als auch Flexpreise.
Seitdem waren Nachtzugreisende aber auf den Kauf eines ÖBB-Tickets angewiesen. Dies war zwar auch grundsätzlich über die Deutsche Bahn möglich. Online gestaltet sich der Erwerb über die sogenannte internationale Buchungsmaschine der Bahn aber durchaus schwierig. Dies betrifft insbesondere Fälle, in denen ein entsprechender Anschlusszug an den Nachtzug mitgebucht werden soll.
Seit dem Fahrplanwechsel 2019/2020 ist es immerhin wieder möglich, ein Ticket der Deutschen Bahn für die Sitzwagen von einigen Nightjet zu buchen. Beide Anbieter sollten dies schnellstmöglich auch auf die Liege- und Schlafwagen ausweiten, um die Fahrt im Nachtzug einfacher zu gestalten. Dann wäre immerhin der Stand von vor zwei Jahren erreicht.
Dass sich die Deutsche Bahn hingegen am Kauf von neuen Nachtzügen beteiligt, scheint aktuell wenig wahrscheinlich. Der Bund plane jedenfalls nicht, Geld dafür bereitzustellen, erklärte der Bahnbeauftragte der Bundesregierung Enak Ferlemann. Die Regierung begrüße allerdings die Kooperation mit anderen Eisenbahnen, die Nachtzüge betreiben.
ÖBB erwirtschaften schwarze Null mit ihren Nachtzügen – keine Senkung der Ticketpreise durch Mehrwertsteuerreform?
Die ÖBB setzen hingegen weiter voll auf das prestigeträchtige Nachtzug-Geschäft. So betreiben sie ab Januar 2020 einen neuen wöchentlichen Nachtzug nach Brüssel und auch ein Nightjet nach Amsterdam ist in Planung. Zudem wurden bei Siemens neue Nachtzuggarnituren mit modernen Schlaf- und Liegewagen bestellt, die bereits ab kommenden Jahr durch Europa fahren sollen.
Bereits ein Jahr nach der Übernahme der Nachtzüge erklärten die ÖBB außerdem, sie schrieben mit den Nightjet eine „schwarze Null“ und setzten damit ein klares Zeichen gegen die Aussage von Pofalla. Trotzdem ist das Geschäft durchaus schwierig: Obwohl es etwa im vergangenen Jahr eine Fahrgaststeigerung von gut zehn Prozent gab, wird auch weiterhin offiziell nur von einer schwarzen Null gesprochen.
https://twitter.com/zugreiseblog/status/1213211857831546882
Im Dezember 2019 wurden zusätzlich die Ticketpreise für die Nightjet erhöht, sodass sich die Einnahmenseite weiter verbessern sollte. Zudem geben die Österreichischen Bundesbahnen derzeit noch nicht die Senkung der Mehrwertsteuer auf Bahntickets in Deutschland eins zu eins an ihre Kunden weiter. Auch hierdurch kann sie grundsätzlich Mehreinnahmen generieren.
Darüber hinaus versuchen es die ÖBB mit einer Kostensenkung: So bietet sie die gerade bei älteren Reisenden beliebten Autozüge seit diesem Jahr nur noch saisonal an. Konkret bedeutet das: Zwischen Januar und März sowie zwischen November und Weihnachten ist es in den Nightjet nicht mehr möglich, sein Fahrzeug von Düsseldorf nach Innsbruck oder von Hamburg nach Wien mitzunehmen. Fahrgäste sind dann auf die Autozüge von privaten Anbieten angewiesen.
Was hältst du vom Wiedereinstieg der Deutschen Bahn bei den Nachtzügen? Ich freue mich auf deinen Kommentar.
Wenn du keinen Artikel mehr zu Bahnreisen in Deutschland verpassen willst, dann hol dir jetzt meinen gratis Newsletter! Du kannst mir auch auf Facebook und Twitter folgen.
„Nachdem in Deutschland der „Ausstieg vom Ausstieg“ im Hinblick auf tatsächliche Klima- und Umweltkatastrophen aber eine gewisse Tradition hat, ist es wenig überraschend, dass die Deutsche Bahn den erneuten Einstieg in das Nachtzug-Geschäft vorantreibt.“ – herrlich! Hätte man nicht besser ausdrücken können!
Wenn die DB es nicht auf die Reihe bekommt das komplette Fahrakartenangebot für die Nachtzüge auf seiner Internetseite anzubieten, buche ich einfach bei der ÖBB. Da kann man auch Startpunkte eingeben, die im Ausland liegen.
Wenn die österreichischen Züge ständig in Deutschland herumfahren, fehlen die dann nicht in Österreich?
Ich persönlich finde Schlaf- oder Liegewagen übrigens gar nicht soo wichtig, weil ich sowieso nie richtig schlafen kann. Ich fände es schon einen Gewinn, wenn die normalen Züge auch nachts fahren, anstatt immer mal wieder eine Nacht im Bahnhof oder im Park verbringen (oder ewig kompliziert planen) zu müssen.
Es gibt schon einige ICEs auf den Hauptrouten, die nachts fahren, also abends starten und an morgen ankommen.
Für ein durchgehend getaktetes Angebot (alle 1 oder 2 h) sind es vermutlich zu wenig Fahrgäste.
Das Angebot ist teils schon extrem gut. Zwischen Frankfurt und Berlin hat an manchen Tagen viele Möglichkeiten, über Nacht voranzukommen.
Sehr gut, dass in diesem Markt wieder etwas Bewegung ist, wenngleich auch nur unzureichend. Ein attraktives Angebot schafft Nachfrage, wie ja die jüngsten Preissenkungen gezeigt haben. Geschäftssparten rentabel ausbauen, dafür werden Manager bezahlt. Abwürgen kann jeder. Das ist keine Kunst. Übrigens: Fahrradabteile gehören natürlich auch dazu.
Ich finde Nachtzüge unheimlich wichtig. Vor allem, wenn man z.b. von Berlin nach Innsbruck oder von Berlin nach Villach durchfahren könnte in der Nacht wäre es ein riesen Vorteil. Es würde die ganze umsteige Rey wegfallen die man am Tage hat. Und dann käme man auch noch früh ausgeschlafen am Zielort an und könnte seinen Urlaub einfach mal schnell beginnen.
Ja, Bln.-Villach Ware gut, zur Weiterfahrt, eröffnet Möglichkeiten zur Weiterfahrt nach Slowenien oder Kroatien. Es muss ja nicht täglich eine Zugverbindung sein. Die einstigen Autoreisezüge sind auch nur ein bis zweimal pro Woche an ein bestimmtes Ziel gefahren und waren immer gut ausgebucht. Ich verstehe auch nicht, weshalb Nachtzüge nach Venedig und Rijeka erst ab München starten und nicht schon im Norden Deutschlands beginnen. Die Nachtzüge sollten aber unbedingt Schlaf- und Liegewagen haben wegen der Bequemlichkeit. !!!! Im Sitzen ist schlafen blöd.
Mehr direkte ICE von Berlin bis Innsbruck wären auch schon eine Verbesserung (derzeit 1*/Woche).
Der hält übrigens nirgendwo zwischen München und Erfurt, mit Durchfahrt in Nürnberg.
Ein weiterer ICE verkehrt auch nur Samstags zwischen Innsbruck und Hamburg; hält in Südrichtung in Würzburg und Augsburg und in Nordrichtung in Augsburg, Donauwörth und Treuchtlingen, also ebenfalls nicht in Nürnberg. Sonst sind ja die Nachtzüge die einzige Verbindung (aber nicht nach Berlin).
Die NJ der ÖBB sind jetzt während der Corona Zeit eingestellt. Im Inland von Österreich fahren jedoch diese weiter, somit hab eich mich einfach einmal auf die Fahrt von Wien nach Bregenz begeben, nach Bregenz mit dem Autoreisezug(führt Transport Wagen für Autos bis Feldkirch).Ich buchte Schlafwagen Single de Lux(mit Dusche und WC im Abteil). Ich kann nur sagen, es war eine coole ruhige Fahrt und der Planmäßig Ankunft in Bregenz gewährleistet. Ich kann nur die Nachtverbindungen empfehlen. Bald ist es ja wieder soweit, das der Nachtzugverkehr mit den NJ ende Juni 2020 wieder aufgenommen wird. Sicherlich wird dann auch wieder das normale Frühstücksangebot im Schlaf-und Liegewagen geben. Während der Corona Zeit gab es ein sehr abgespecktes Frühstück. Reise über Nacht von einem Ort zum anderen ist für mich eine Wertvolle Angelegenheit somal auch die Wagen der ÖBB, Schlaf und Liegewagen ständig modernisiert werden. Weiter so.
Wesentlich ist die Tarifkooperation mit den Anschlußzügen / Umsteigeverbindungen, so dass man genauso von degressiven Preisstaffelungen profitiert, als ob die gesamte Reise im Inland wäre. Das betrifft nicht nur die DB, sondern auch die übrigen Anbieter bzw. Betreiber im Nahverkehr, und natürlich auch Anschlüsse in Österreich
Nachdem die Nachtzüge nicht so ein Massenmarkt sind, ist es für mich in Ordnung, wenn es nur wenige Anbieter sind, die sich da beteiligen, und wenn die DB Fernverkehr nicht dazu gehört. Allerdings sind die Trassenpreise der DB Netz diskriminierend gegenüber Nachtzügen, weil in der Nacht verkehrende ICE größere Strecken bis 6 Uhr zurücklegen können, wenn es niedrigere Trassenpreise gibt, während der konventionelle Nachtzug mit Schlaf- und Liegewagen ab 6 Uhr die höheren Tages-Trassenpreise zahlt. Das führt u.a. dazu, dass die Nachtzüge Berlin-Wien nicht mehr die direkte Strecke über Dresden, sondern einen Umweg über Breslau fahren. Corona-bedingt werden die Mini-Suites der ÖBB noch wichtig, sofern sie ein getrennte Belüftung mit ausschließlich Frischluft erhalten.
Auch bei den anderen Schlafwagen wäre eine Aussage oder Veränderung hilfreich, dass nur frische Luft zugeführt wird, kein Umluft-Mischbetrieb.
Warte schon lange drauf.
Der Bund als Eigentümer finanziert generell nicht den Erwerb einzelner Zuggarnituren,´. Das wäre eine unternehmerische Entscheidung, die die DB eigenständig treffen könnte. Auch bei den ICE gibt es keine Finanzierungsbeihilfe, z.B durch eine Aufstockung des Eigenkapitals. Im Nahverkehr entsprechend, auch wenn die festen und mehrjährigen Bestellerverträge natürlich eine Refinanzierung (AMortisation) gewährleisten.
„Der Bund plane jedenfalls nicht, Geld dafür bereitzustellen, erklärte der Bahnbeauftragte der Bundesregierung Enak Ferlemann.“ Vielleicht bezieht sich diese Aussage mehr auf Fördermittel für den Kauf oder Betrieb von Nachtzügen als Besteller.
Nachtzüge finde ich sehr wichtig, vor allem wenn man Work and Travel machen möchte. Aber in Corona Zeiten ist es ja eh alles etwas schwierig geworden. Reisen darf man ja so gut wie nicht mehr. Ich hoffe, es kommen bald wieder bessere Zeiten, auch für die Bahn. Diese muss ja enorme Einbussen hinnehmen, auch gerade jetzt im Weihnachtsverkehr.
Bleibt gesund
Doris