Nachtzugkonferenz: Bessere Ticketbuchung und neue Verbindungen
In Brüssel diskutierten Experten über die Zukunft der Nachtzüge in Europa. Erste Ergebnisse: Die ÖBB Nightjet werden auch weiterhin direkt bei der Deutschen Bahn buchbar sein. Und ab 2020 könnten sogar Nachtzüge eines ganz neuen Betreibers durch Europa fahren. Mehr zur Nachtzugkonferenz in Brüssel erfährst du in diesem Beitrag.
Erste Nachtzugkonferenz im EU-Parlament in Brüssel
Ende Januar 2018 veranstaltete Back on Track die erste Nachtzugkonferenz im Europäischen Parlament in Brüssel. Das Bündnis setzt sich bereits seit mehreren Jahren für den Erhalt bestehender und der Schaffung neuer Nachtzug-Verbindungen in Europa ein.
Obwohl die Aktivisten ursprünglich von lediglich etwa 30 Teilnehmern ausgingen, kamen am Ende mehr als doppelt so viele. Neben Abgeordneten waren Mitglieder der EU-Kommission ebenso vertreten wie Bahn-Manager, Blogger und andere Nachtzug-Begeisterte. Das Thema Nachtzüge liegt also trotz aller gegenwärtiger Schwierigkeiten weiterhin vielen Bahnreisenden am Herzen.
Als einen der Redner konnte das Bündnis dabei auch Kurt Bauer gewinnen, der die Fernverkehrssparte der Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) leitet. Er blickte positiv auf das eigene Nightjet-Geschäft zurück, mit dem nach der Übernahme der Nachtzüge in Deutschland inzwischen ein kleiner einstelliger Millionenbetrag verdient werde. Gerade die Züge in der Hochsaison seien immer schnell ausverkauft und das bereits bis zu sechs Monate im Voraus.
Gleichzeitig sprach er aber auch bestehende Probleme im Nachtzuggeschäft an. Neben den Infrastrukturkosten gehöre dazu ebenfalls die unterschiedliche Besteuerung bei Übernachtungen in Deutschland. „Wenn Sie in Deutschland in einem Hotel übernachten, zahlen Sie 7 Prozent Mehrwertsteuer. Wurden unter dem Hotel allerdings Räder montiert, sind es plötzlich 19 Prozent“, sagte der ÖBB Fernverkehrs-Chef im Hinblick auf die Situation der eigenen Nightjet.
Den allerersten Nachtzug fahren zu lassen, sei außerdem immer eine große Herausforderung für ein Bahnunternehmen, schließlich müsse es zunächst eine ganz neue Infrastruktur aufbauen. Später 15 oder 16 Züge anzubieten, sei dann allerdings deutlich einfacher. Darüber hinaus versicherte Bauer, dass bei den ÖBB tatsächlich „alle hinter dem Nachtzug-Geschäft stehen – vom Vorstandsvorsitzenden bis zum Angestellten“.
ÖBB-Nachtzüge lassen sich weiter bei der Deutschen Bahn buchen
Und noch eine weitere erfreuliche Nachricht brachten die ÖBB zur Nachtzugkonferenz nach Brüssel mit. „Die Deutsche Bahn wird in Kürze wieder auf ihrer Website Tickets für den Nightjet anbieten“, versprach Bauer. Nach Zugreiseblog-Informationen wird dies im Rahmen der neuen internationalen Buchungsmaschine erfolgen, die die Deutsche Bahn Mitte Januar gestartet hat.
Denn eins ist für Bauer ganz wichtig: „Die Nachtzüge werden nicht durch mehr Wettbewerb zwischen den einzelnen Bahnen wieder zurückkommen, sondern allein durch bessere Kooperationen.“ Zudem sei der Nachtzug „vielleicht nicht die schnellste und günstigste Reisemöglichkeit, aber die kultivierteste, um Europa zu entdecken.“
Auch aus diesem Grund würden die ÖBB weiter am Nachtreiseverkehr festhalten, der mittlerweile etwa ein Sechstel des eigenen Geschäfts ausmache. Auf neue Verbindungen – wie etwa nach Amsterdam – wollte er sich dabei allerdings noch nicht festlegen lassen. Hierzu benötige das Unternehmen zunächst neue Schlaf- und Liegewagen, die bis 2021 geliefert werden sollen.
Trans Metropolitan Railway Lines: FDP-Politiker plant eigene Nachtzüge in Europa
Eine ganz andere Sichtweise brachte der Münchner FDP-Verkehrsexperte Sven Gossel in die Nachtzugkonferenz im Europäischen Parlament in Brüssel ein. Für ihn ist nicht Kooperation das Schlüsselwort, sondern mehr Liberalisierung und Wettbewerb. Dieser sei aufgrund der bestehenden Monopole heute oftmals nicht fair und behindere neue Marktteilnehmer.
Zudem sollten sich die Bahnen am besten an den Airlines orientieren. „Die Bahn-Branche steht heute da, wo die Airlines bereits vor 20 Jahren waren“, sagte Gossel und forderte die Schaffung einer Bahnkoordinationsstelle, die entsprechende Standards europaweit festlegen soll. Die Regulierungszeit sei aus seiner Sicht nämlich heute deutlich zu lang. Das zeige schon der große Fahrplanwechsel, der derzeit nur einmal jährlich stattfinde. „In der Luftfahrtindustrie wechseln die Flugpläne alle sechs Monate.“
Fast schon nebenbei erwähnte Gossel dabei auch, dass er mit seinem Unternehmen Trans Metropolitan Railway Lines eigene Nachtzüge betreiben möchte. Diese sollen ab dem Jahr 2020 in Mitteleuropa verkehren. Wer genau alles dahinter steckt, welches Eisenbahnverkehrsunternehmen die Züge fahren lassen und welches Wagenmaterial zum Einsatz kommen soll, verriet der FDP-Politiker allerdings noch nicht.
Wie bewertest du die Ergebnisse der Nachtzug-Konferenz in Brüssel? Ich freue mich auf deinen Kommentar.
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Klingt ja verhalten positiv, hoffen wir das Beste für die ÖBB-Nachtzüge, insbesondere für die jüngst (von der MAV) eingestellte Verbindung zwischen Berlin und Wien!
Obwohl sie 2016 anderes versprochen hatte, schafft es hingegen die DB in ihren „Nacht-ICEs“ noch nicht einmal, das Licht zu dimmen, auf Durchsagen zu verzichten oder Decken auszuteilen. Wenn man schon nicht liegen kann, wäre zumindest das eine Erleichterung, die sogar im Flugzeug geboten wird (daran orientiert sich die Bahn doch sonst so gerne).
Oh, das sind ja richtig positive Neuigkeiten! Hoffen wir, dass Trans Metropolitan Erfolg hat. Und vor allem, dass so eine Konforenz lange Bestand hat!
Hallo David,
ich habe es nun auch endlich geschafft, meinen Bericht von der Konferenz fertigzustellen. Mein Fazit: Interessantes Event, man darf gespannt sein, was die nähere Zukunft in Sachen Nachtzug noch so bringt.
Viele Grüße,
Sebastian
Guten Tag,
ich bin ein eingefleischter Nachtzugfan!
Leider wurde meine Standardroute Berlin Amsterdam schon vor Jahren eingedampft. War wohl nicht ertragreich genug.
Oder etwa doch? Die Infrastruktur bestand ja schon.
Ich bin gespannt, ob die Schlafzüge ein Comeback erleben werden.
LG
Stef