Deutsche Bahn plant keine Reservierungspflicht
Immer wieder gibt es Diskussionen um eine mögliche Reservierungspflicht im ICE. Jetzt hat die Deutsche Bahn klargestellt, dass sie aktuell nicht die Einführung einer Zwangsreservierung plant und am offenen System in Deutschland festhalten möchte. Wettbewerber kritisieren sie dafür allerdings. Mehr dazu liest du in diesem Beitrag.
Kein geschlossenes System: Bahn schließt Reservierungspflicht aus
In Frankreich, Schweden oder Italien ist sie schon lange üblich: die Pflichtreservierung. Dort benötigst du im Hochgeschwindigkeitsverkehr neben der Fahrkarte auch immer eine Sitzplatzreservierung. Ist ein Zug bis auf den letzten Platz ausgebucht, kannst du also nicht mehr mitfahren und musst eine andere Verbindung wählen. Stehplätze werden dort nicht angeboten.
In Deutschland existiert ein solches geschlossenes System allerdings noch nicht. Die Deutsche Bahn hat im Hinblick auf eine Reservierungspflicht aktuell auch keine entsprechenden Pläne. Das bestätigte Christian Vögle, Leiter Geschäftsentwicklung der DB Fernverkehr AG, auf dem Jahresverkehrskongress der Deutschen Verkehrswissenschaftlichen Gesellschaft (DVWG) in Erfurt.
„Ein geschlossenes System mit Reservierungspflicht werden wir nicht einführen“, versprach Vögle beim Abschlusspodium. Vielmehr solle es auch in Zukunft im ICE beim sogenannten offenen System bleiben. In den Hochgeschwindigkeitszügen der Deutschen Bahn kannst du ebenfalls mitfahren, wenn keine Sitzplätze mehr vorhanden sind.
In diesem Fall musst du aber natürlich stehen. Der Vorteil hierbei ist allerdings, dass du selbst dann mitgenommen wirst, wenn alle Sitzplätze bereits komplett ausgebucht sind. So musst du nicht eine Stunde oder länger auf die nächste verfügbare Verbindung warten. Nur bei einer Überfüllung des Zuges lassen die Zugbegleiter regelmäßig aus Sicherheitsgründen keine weiteren Fahrgäste ohne Reservierung einsteigen.
Diskussionen über eine mögliche Reservierungspflicht im Zug
Gerade Geschäftskunden und Pendler schätzen es, dass es bei der Deutschen Bahn keine Reservierungspflicht gibt. Sie wissen nämlich oftmals noch nicht genau, welche Verbindung sie nach einem Termin nehmen werden. Mit einem Flexpreis-Ticket ohne Zugbindung steigen sie so einfach in den nächsten Zug ein. Hierdurch hat die Bahn ebenfalls einen Vorteil gegenüber dem Flugzeug, da im Regelfall eine Mitfahrt ohne Sitzplatz jederzeit möglich ist.
Zahlreiche Gelegenheitsfahrer wünschen sich hingegen eine Reservierungspflicht bei der Deutschen Bahn. Für sie ist oft entscheidend, dass sie während einer längeren Bahnfahrt ihren Sitzplatz sicher haben. Zudem ist natürlich der Komfort während der Reise mitunter eingeschränkt, wenn überall im Zug andere Fahrgäste stehen und ein Gang auf die Toilette oder zum Bordrestaurant nicht mehr so einfach möglich ist. Eine freiwillige Sitzplatzreservierung gegen Aufpreis hilft da nicht unbedingt weiter.
Und auch Wettbewerber kritisieren die Deutsche Bahn im Hinblick auf das offene System ohne Reservierungspflicht. „Millionenfach ausgegebene Billig-Tickets, die nicht Sitz- sondern Stehplätze auf den wichtigen Strecken betreffen, tun uns weh“, sagt etwa Patrick Kurth von Flixbus und sprach auf dem DVWG-Jahresverkehrskongress gar von einer möglichen Wettbewerbsverzerrung. Tatsächlich gibt es aber auch nach den Tarifbestimmungen von Flixtrain keine Garantie, stets einen Sitzplatz zu bekommen.
Inklusivreservierung im ICE
Ein Kompromiss aus offenem und geschlossenem System könnte die Inklusivreservierung sein. In der ersten Klasse im ICE erhältst du bereits heute beim Ticketkauf eine kostenlose Sitzplatzreservierung. Wählst du dann am Reisetag mit einem Flexpreis-Ticket dennoch einen anderen Zug, kannst du die Sitzplatzreservierung gebührenfrei umtauschen.
Einige Bahnfahrer kritisieren die Inklusivreservierung, weil damit Sitzplätze im Zug als reserviert angezeigt werden, selbst wenn dann doch niemanden kommen sollte. Dies passiert etwa, wenn ein Reisender einen anderen Zug wählt, ohne gleichzeitig die inkludierte Sitzplatzreservierung umzutauschen. Dieses Phänomen kann durch die neue Buchungssperre der Bahn sogar dazu führen, dass für vermeintlich ausreservierte Züge keine Buchung mehr möglich ist.
Ob und gegebenenfalls wann in der zweiten Klasse die Reservierung im Ticketpreis inbegriffen sein könnte, ist derzeit unklar. Am Rande einer Diskussion über die Zukunft der Mobilität im ICE 4 hieß es jedenfalls, dass beispielsweise vorstellbar sei, die Inklusivreservierung nur in einigen Wagen oder Bereichen einzuführen. Ein solches System existiert zum Beispiel in Japan. Eine generelle Reservierungspflicht schloss die Deutsche Bahn aber auch hier aus.
Übrigens: Für den neuen Komfort Check-in benötigst du stets eine Reservierung, die du bereits zusammen mit deiner Fahrkarte gebucht haben musst. Eine erst später erworbene Reservierung reicht hierbei noch nicht aus. Daher dürfte der Komfort Check-in aktuell vor allem von Fahrgästen in der ersten Klasse genutzt werden, da dort die Reservierung stets automatisch inbegriffen ist.
Was meinst du: Sollte die Deutsche Bahn eine Reservierungspflicht im ICE einführen? Ich freue mich auf deinen Kommentar.
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Ich bin mir ziemlich sicher, dass wenn man den Flexpreis- und BC100-Fahrern die Flexibilität nimmt und die Reservierungspflicht einführt, die bestenfalls auf die Barrikaden gehen. Vermutlich würden einige sich das mit dem Bahn fahren dann noch einmal überlegen. Wie so oft werden da die gut zahlenden Kunden auf Kosten der Billigheimer vergrault.Aber ich traue der Bahn ja jeglichen Unsinn zu, also wer weiß…
Die Absurdität dieser Inklusivreservierungen wird einem ja regelmäßig in der 1. Klasse demonstriert: Die Kunden mit den billigen 39€ Sparpreisen haben ihren reservierten Platz, den sie dank Zugbindung natürlich auch einnehmen, und die flexibel reisenden Vollzahler, die in der Regel keine Reservierung haben, dürfen sehen wo sie noch ein freies Plätzchen finden. Kann man so machen, fördert aber weder das von der Bahn beworbene Gefühl von Exklusivität und trägt natürlich auch nicht grad zur Zufriedenheit der Vollzahler bei. Ob das langfristig tragfähig ist, vor allem wenn man auch in der 2. Klasse anfängt diesen Unsinn zu praktizieren, ich wage es zu bezweifeln…
Das ist doch Unsinn, jeder Fahrgast der 1. Klasse hat eine Sitzplatzreservierung inclusive! Egal ob Spar- oder Flexpreis, und wenn man als Flexpreiskunde einen anderen Zug nehmen möchte kann man diese im Reisezentrum kostenlos umtauschen! Und als BahnCardFirst 100 Kunde (ich) habe ich entweder die Möglichkeit einer Dauerreservierung (wieder ich) oder einen Anspruch auf einen BahnComfort Platz! Ob das allerdings in der 2. Klasse so funktionieren würde hab ich auch meine Zweifel! Es wird immer unzufriedene geben, ich persönlich habe auf meiner werktäglichen Strecke (Leipzig-Berlin-Leipzig) noch nie erlebt das die Erste Klasse überfüllt war! Über die 2. Klasse kann ich nichts sagen da ich sie nicht nutze! In diesem Sinne noch einen schönen Montagabend und vielen Dank für diesen sehr interessanten Blog!!!
Hallo Daniel,
München-Nürnberg ist so eine typische Strecke, auf der die erste Klasse zu den Pendlerzeiten teilweise überbelegt ist. Musste deshalb selbst schon auf die zweite Klasse ausweichen. Ab Nürnberg ist es dann allerdings regelmäßig entspannter.
Ansonsten stimme ich dir aber zu: Auch mit einem Flexpreis-Ticket kann man die Sitzplatzreservierung kostenlos umtauschen. Funktioniert übrigens auch bequem im DB Navigator oder über die Bahn-Website. Die BahnCard 100 beinhaltet mittlerweile ja ebenfalls eine bestimmte Anzahl an kostenlosen Reservierungen. Wäre mal interessant zu wissen, wie hoch da der Prozentsatz ist, der die tatsächlich regelmäßig einsetzt.
Viele Grüße
David
Niemals würde ich nur eine Stunde Bahn fahren ohne Reservierung! Für mich wäre das kein Problem die Reservierungspflicht, nur her damit.
Die Bahn macht es sich eben einfach. Der Zug ist noch lange nicht voll, wenn er eigentlich voll besetzt ist. Es gibt also keinen Grund, einen weiteren Zug einzusetzen. Die Bahn spart dadurch Geld, aber die Fahrgäste stapeln sich. Es entsteht ein soziales Ungleichgewicht, weil manche Fahrgäste für das gleiche Geld einen Sitzplatz haben, andere nicht. Hauptsache Privatisierung. Der Markt regelt das schon.
Ob Sparpreis oder Flexticket ich reserviere immer auf längeren Strecken, da ich keine Lust habe zu stehen. Wobei ich in der 1 Klasse bis jetzt auch in überbesetzten Zügen immer einen Platz in der 1 Klasse gefunden habe. Notfalls muss man sich halt mal umsetzen.
Ansonsten verstehe ich die Leute in der 2 Klasse überhaupt nicht, die über 120 Euro für ein Ticket zahlen und dann nicht reservieren. Genauso verstehe ich nicht, wenn Familien mit Kindern nicht reservieren… Das eingesparte Geld ist doch den Stress nicht wert.
Außerdem gibt es doch ständig Gutscheine, so dass man ja einen Teil der Kosten zurück erhält.
Ich fahre seit über 20 Jahren aktiv Bahn. In Deutschland habe ich noch nie reserviert und bekam zu 90 Prozent immer einen Platz. Was nützt mir der reservierte Platz, wenn die Person neben mir laute Musik hört, der reservierte Platz in einem Wagen ist der müffelt, etc. Ich möchte mir den Platz frei aussuchen können, ohne mich vorher festlegen zu müssen bzw. ohne vorher den Wagen bzw. den Platz vorher“gesehen“ zu haben.
Man könnte auch einfach Reservierungen billiger machen. 1 € pro Reservierung wäre voll okay, aber 4,50 € läppert sich dann schon.
und dann gibt es noch die Strecken, die regelmäßig komplett überfüllt sind. Stuttgart-Köln beispielsweise. Da steht man fast regelmäßig Freitags über eine Stunde, weil der Zug überfüllt ist und keiner aussteigen mag. (Leider werden die Alternativen auch nicht deutlich angekündigt.) Zuerst 4 Minuten Verspätung, bis alle drin sind, dann 1 Stunde stehen, bis wieder genügend aussteigen. Die Ansage dazu „außergewöhnlich hohes Fahrgastaufkommen“ ist Freitag nachmittags leider die Regel.
Ich bin aber dennoch gegen eine Reservierungspflicht. Als regelmäßiger Pendler kann ich mir schlichtweg nicht auch noch eine Reservierung leisten, die geht dauerhaft ganz schön ins Geld. Ich glaube auch, dass eine Reservierungspflicht die Menschen in die Flieger treibt. Das ist nun mal der Vorteil der Bahn, dass man deutlich flexibler ist.
Und Bahn-Comfort bringt in solch einem Fall nichts. Da stehen lauter Bahn-Comfort_Besitzer wie die Heringe, was tun?
Offenes System beibehalten, Wenn Züge regelmässig Überfüllt sind sollte die Bahn eher die Taktung verändern oder den Zug „verlängern“.
Langstrecke fahre ich immer 1.Klasse da ist es egal, war bisher auch selten wirklich voll. Und im Regeionalverkehr, wenn es da mal zu voll oder zu laut ist einfach im Navigator das Upgrade buchen und fertig. Sitzplätze hatte ich bisher immer. Die Konkurenz ist doch nur sauer das Sie weniger pro Zug verdienen weil Sie nur Sitzplätze verkaufen und die Bahn quasi auch Stehplätze anbietet. Man sieht natürlich die Auslastung der Züge deutlich besser in einem geschlossenen System.
@zugreiseblock:
Der Komfort-check in ist auch ohne Sitzplatzreservierung möglich (nicht im bahncomfort Bereich da hier alle Plätze als reserviert im System hinterlegt sind).
Man muss hierzu lediglich selbständig die Wagennummer und den Sitzplatz eingeben.
Wenn man erfolgreich einchecken konnte war dieser Platz nicht für die eigene Fahrtstrecke für jmd anderen reserviert und es erfolgt auch keine Kontrolle mehr durch die Bahn Mitarbeiter.
Hallo Lina, stimmt. Der Artikel ist aus dem Sommer 2018, damals galt noch die andere Regelung.
Die Franzosen, Schweden, Finnen etc. bekommen es mit obligatorischen Reservierungen ja auch hin. Das ist durchaus sinnvoll, damit es völlig überfüllte Züge nicht gibt. Das dient neben dem besseren Reisekomfort auch der Sicherheit. Wenn man umbuchen möchte, geht das je nach gebuchtem Tickettarif völlig unproblematisch, es sei denn, der gewünschte Zug ist ausgebucht. Im Fernverkehr sollte jedem (auch dem Pendler) eine gewisse Vorplanung möglich sein, um dann im gewünschten Zug eine Reservierung zu bekommen. Wer natürlich freitagsnachmittags versucht, im nächsten Zug eine Reservierung bekommen, dürfte Probleme bekommen und hat dann eben Pech gehabt, wie auch beim ausgebuchten Flugzeug oder Bus. Es wäre aber andererseits eine gute Möglichkeit für die Bahn, zu sehen, zu welchen Zeiten und in welchen Zügen eine hohe Nachfrage besteht, um dann ein bedarfsgerechteres Angebot zu bieten.
Es sollte auf jeden Fall an jedes Fahrticket eine Sitzplatzreservierung gebunden sein. Die total überfüllten Züge mit vollgestopften Gängen sind eine Zumutung. Was passiert denn, wenn es mal einen Unfall gibt? Fliegen dann alle durch die Gegend? Wie kommt man raus, wenn sich die Menschen in den Gängen stapeln? Ich finde das höchst fahrlässig!